Die Lunge
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Lungenentzündung II
Fortsetzung (2/4) des Kapitels Lungenentzündung

 

 

 

1.4. Tuberkulose

 

Epidemiologie

Pathophysiologie

Primärtuberkulose

Postprimärtuberkulose

Nomenklatur der Primär- und Postprimärtuberkulose

Tb bei Immunschwäche

Atypische Tuberkulosen

Krankheitsaktivität

Stichwortverzeichnis:

A

B

C

D

E

F

G

H

I

J

K

L

M

N

O

P

Q

R

S

T

U

V

W

X

Y

Z

 

 

Aus den klinischen Tafeln des Aretaios von Kappedokien, 200 n.Chr.: "Die Schwindsucht ist eine Krankheit, bei der die Nase spitz und mager ist, die Wangenknochen blutig und rot, die Augen hohl und leuchtend, das Gesicht eingesunken, blass oder fahl, die Lippen so über die Zähne gezogen, daß man meint, bei den Kranken ein ständiges Lächeln zu sehen. Im großen ganzen sehen sie schon wie Tote aus."

 

In Dornröschen wünschen sich der König und die Königin ein Kind "so weiß wie Schnee, so rot wie Blut" - das typische Aussehen einer anämischen, fiebrigen Tb-Kranken.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Verschiedene Stadien der Tb,
ausgestellt von einer Krankenpflege-
Klasse auf einem Radiologie-
Kongress in Thanjavur,
Südindien, 2004
  

 Epidemiologie


Seit Mitte der achtziger Jahre tritt die Tuberkulose wieder häufiger auf (siehe Spiegel Nr. 17/2001). Die Bevölkerungsgruppe, die schon einmal (meist in der Kindheit) mit der Tuberkulose in Kontakt gekommen ist, wird kleiner. Dementsprechend steigt der Zahl der Primärinfektion mit Tuberkulose. Sinkender Lebensstandart mancher Bevölkerungsgruppen und die Unfähigkeit sozial destabilisierter Menschen, einer regelmäßigen, langdauernde Therapie zu folgen, führen zu Exazerbationen, Reinfektionen und der Ausbildung atypischer Keime. Die besten Entwicklungsmöglichkeiten findet die Seuche jetzt in verelendeten immungeschwächten HIV-positiven Menschen:

Armut,

Aids und

Atypie

fördern diese Entwicklung. Der Erreger ist das Mycobacterium tuberculosis. Immer häufiger treten der Typ avium und andere, z.T. therapieresistente atypische Keime auf, begünstigt durch abgebrochene Behandlungen bei sozial destabilisierten Patienten und durch Immunschwäche HIV-kranker Menschen.

Die Erkrankung ist meldepflichtig, nicht aber der Verdacht. In Deutschland gab es 1995 14000 Tuberkulosekranke, davon etwa 8000 mit einer offenen (d.h. ansteckenden) Tuberkulose. Etwa 30% der Patienten sind Einwanderer.

Ca. 1,7 Milliarden Menschen (30% der Weltbevölkerung) sind mit Tbc infiziert. Weltweit ist die Tb die führende Todesursache einer diagnostizierbaren bakteriellen Infektionskrankheit. Jährlich sterben ca. 2 Millionen Menschen an den Folgen einer Tuberkulose.

Nach dem Bundesseuchengesetz ist die Tuberkulose bei Erkrankung oder Tod meldepflichtig.

Nur Patienten mit direktem mikroskopischem Nachweis von Mycobakterien im Ausstrichpräparat (Ziehl-Neelsen-Färbung) gelten als infektiös für die Umwelt.

Pathophysiologie

Die Tuberkulose bevorzugt die Lungenoberfelder. Dies wird durch den Ventilations-Perfusionsquotienten erklärt. Im Stehen sind die Unterfelder im Vergleich zu den Oberfeldern verstärkt durchblutet. Die Ventilation der Ober- und Unterfelder ist nicht von der Lage abhängig. Man kann also sagen, die Oberfelder sind gegenüber den Unterfeldern, bezogen auf die Durchblutung, relativ überbelüftet. Bakterien, die Sauerstoff benötigen (wie das Mycobacterium tuberculosis), finden hier bessere Wachstumsbedingungen als in den unteren Lungenpartien.

Phase 1, Beginn der Infektion:
Die Inhalation ist die häufigste Infektionsweise. Größere Aerosoltropfen landen auf dem Zilientragenden respiratorischen Epithel. Von dort werden sie aufwärts transportiert, abgehustet oder verschluckt. Nur Tröpfchen von weniger als 2 micromm, 1-2 Bakterien enthaltend, gelangen auf die alveoläre Oberfläche. Alveolarmakrophagen nehmen die Bakterien auf, lysieren sie und werden dadurch unspezifisch aktiviert. Bricht diese erste Barriere des Immunsystems zusammen, geht die Infektion über in die

Phase 2: in die frühe tuberkulöse Läsion .
Die Mycobakterien vermehren sich bis zu einer Population von ca.10hoch4. Die initial phagozytierenden Makrophagen zerfallen. Es bildet sich eine Nekrose, um die herum sich chemotaktisch angelockte Makrophagen und Lymphozyten versammeln.

  • Im Röntgenbild entsprechen die Phasen 1 und 2 der exsudativen Reaktion.

Phase 3, Immunreaktion:
Wenn eine kritische Bakterienmasse erreicht ist, werden Makrophagen durch CD4 Lymphozyten befähigt, phagozytierte Mycobakterien abzutöten und mit Hilfe eines Saumes aus Epitheloidzellen die Bakterien "einzumauern".

  • Im Röntgenbild wird in der Phase 3 ein solider, "produktiver" Herd sichtbar.

Phase 4, Kavernenbildung:
Kann die Infektion in der Phase 3 nicht zurückgedrängt oder stationär gehalten werden, kommt es zu einer zytotoxischen hyperergen Reaktion mit Hilfe der CD8 Lymphozyten. Sie lysieren infizierte, nicht aktivierte Makrophagen. Es entsteht eine Nekrose, die sich, wenn sie Anschluß an einen Bronchus gewinnt, entleert und zu einer Kaverne wird. Die verbesserte Versorgung mit Sauerstoff führt in der Kaverne zu einer massiven Bakterienvermehrung

  • Im Röntgenbild ist in der Phase 4 die Ringfigur einer Kaverne sichtbar.

Bei HIV-Patienten sind die Reaktionen in allen Phasen abgeschwächt. Die Fähigkeit der Makrophagen zur Phagozytose ist vermindert, der Epitheloidzellsaum ist nicht gut ausgebildet und die zytotoxische Fähigkeit der CD8 Zellen ist schwach. Es kommt weniger oft zur Kavernenbildung. Die extrapulmonalen Manifestationen sind häufiger.

Tuberkulom  

 

Radiologisches Erscheinungsbild der Tuberkulose

Je nach der Immunitätslage, auf die eine Tuberkulose-Infektion trifft, bewirkt sie eine andere Röntgenmorphologie. Deshalb werden unterschieden:

- Primärtuberkulose
- Postprimärtuberkulose
- Tb bei Immunschwäche
 

Primärtuberkulose

Die Erstinfektion (Primärtuberkulose) bleibt meist unbemerkt und heilt in 95% narbig aus, oft mit Verkalkungen. Das sicherste Zeichen daß es sich bei der Tb um eine Primär-Tb handelt, ist die Lymphknotenbeteiligung.

In der akuten Krankheitsphase besteht der Primärkomplex (Ranke-Komplex) aus:

Ghon-Herd

  • unscharfem Verdichtungsherd durch pneumonische Exsudation (sog. "Ghon-Herd" = Herd bei Erstinfektion). Im Gegensatz zur Postprimär-Tb kann dieses Infiltrat in jedem Lungenlappen auftreten.

Lymphangitis  

  • hiluswärts gerichtete Streifenzeichnung durch Lymphangitis.

LK-Schwellung  

  • Hilus und/oder Mediastinum sind verbreitert bzw. verplumpt und polyzyklisch begrenzt durch Lymphadenitis.
  • Diese begleitende Lymphknotenschwellung tritt nur bei der Primär-Tb auf.
  • Im CT zeigen die LK oft eine zentrale Hypodensität (Nekrose) und
  • ein ringförmiges Enhancement nach KM-Gabe. DD: Lymphome, Metastasen des Hodenkarzinoms, abdominelle LK bei M. Crohn
Bei Kindern kann ein vergrößerter Lymphknoten einen Bronchus abklemmen und eine Atelektase verursachen (Epituberkulose).

Pleuraerguß

  • Ergüsse als pleurale Reaktion (bei Erwachsenen häufiger als bei Kindern).

Ranke-Komplex

Primärkomplex oder Ranke-Komplex, makropathologisches Bild. Pfeil: peripherer Herd (Ghon-Herd); Doppelpfeil: zentraler beteiligter Lymphknoten.

Exsudation


Bei schwerer Primärerkrankung:
  • zunehmende Infiltrate (Exsudation)

Miliar-Tb

Landouzy- Sepsis

  • bei ungenügender Abwehrreaktion kommt es zur miliaren (hirsekornähnlichen) Herdstreuung (Herdgröße 1-5mm). Die hämatogene Streuung erfolgt zwar in alle Körperregionen, bevorzugtes Erfolgsorgan ist aber die Lunge.
    schwerste Form: Landouzy-Sepsis

Primärkomplex

Auch nach Abheilung zu einem intrapulmonalen Knoten und leicht vergrößerten hilären Lymphknoten (evtl. mit Verkalkung) wird die Formation weiter Primärkomplex genannt.

produktiver Herd  

In das Infiltrat wandern Makrophagen ein und bilden Granulome ("produktive Herde"). Bei Erstinfektion wird der Tuberkulintest nach 5-6 Wochen positiv als Zeichen der sich entwickelnden körpereigenen Abwehr, die meist lebenslang erhalten bleibt. Die Granulome werden nekrotisch (mit dem für die Tuberkulose typischen käsigem Aussehen),

Tuberkulom  

  • und narbig abgeschlossen. Der glatt begrenzte Herd, als Tuberkulom bezeichnet, schrumpft zwar noch, bleibt aber meist erkennbar (linkes Mittelfeld, pleuranahe).
    Apikal heißt solch ein Herd auch Simonscher Spitzenherd.

 

Weh mir! Es sitzt mir in der Brust
Und drückt und nagt mich sehr;
Mein Leben ist mir keine Lust
Und keine Freude mehr.
Ich bin mir selber nicht mehr gleich,
Bin recht ein Bild der Not,
Bin Haut und Knochen blaß und bleich
Und huste mich fast tot.
...

M. Claudius

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Die in der Nekrose ruhenden Bakterien überdauern in der Narbe jahrzehntelang und sind reaktivierbar. Je größer ein Tuberkulom, desto eher kommt es zu einer Reaktivierung.

Die oben beschriebene Primärtuberkulose war früher bei Erwachsenen eine Seltenheit. Mit der jetzt abnehmenden natürlichen Durchseuchung der Bevölkerung werden mehr und mehr Erwachsene primär infiziert. Durch das relativ seltene Vorkommen wird das typische Erscheinungsbild entweder klinischer- oder radiologischerseits übersehen oder als Pneumonie fehlgedeutet.
Die Immunschwächung der AIDS-Patienten begünstigt ebenfalls eine Primärinfektion. Das typische radiologische Bild dieser Patienten zeigt

  • Pleuraergüsse
  • Lymphknotenvergrößerungen
  • atypisch in den Unterfeldern lokalisierte Infiltrate
  • persistierende oder fortschreitende Infiltrate
  • miliare Ausbreitung
  • Infiltrate ohne Kavernen

Es sind dies alles typische Zeichen einer Primärtuberkulose. Charakteristischerweise treten sie auch auf, wenn der AIDS-Patient in Wirklichkeit eine Postprimärtuberkulose hat.

 

Postprimärtuberkulose

Jede spätere Erkrankung (Postprimärtuberkulose) eines nicht HIV-Kranken unterscheidet sich von der Primärtuberkulose dadurch, daß sie auf dem Boden einer temporär geschwächten , aber doch durch Erkrankung oder BCG-Impfung bestehenden Immunität abläuft. Diese erneute Infektion, die fast immer eine reaktivierte Tuberkulose ist (also eine von innen kommende, d.h. endogene Infektion), hat wegen der beschleunigten Immunantwort ein anderes röntgenologisches Bild.

exsudative Tb  

Röntgenzeichen der Postprimär-Tuberkulose eines nicht HIV-Kranken (siehe unten):

  • Die Abwehrreaktionen der produktiven Abgrenzung und Nekrotisierung (mit Kavernenbildung) treten nach der entzündlichen (exsudativen) Phase rascher auf.
  • befallen sind meist das apikale oder posteriore Oberlappensegment, seltener das apikale Unterlappensegment (S6).
  • Lymphknotenbeteiligung ist selten (im Gegensatz zur Primär-Tb)
  • Die Verdichtung ist fleckig-inhomogen und enthält meist eine oder mehrere Kavernen.
  • oft wechselndes Ausmaß wegen der bereits vorhandenen Hyperergie, d.h. schnellen Abwehrreaktion.
  • Miliartuberkulose (nach hämatogener Streuung): diffuse, bis zu 5mm großen Knötchen, von kranial nach kaudal an Dichte abnehmend:"Schneegestöber". DD Silikoseknötchen: basal betont.
  • Pleuritis tuberculosa bei Anschluß an den Pleuraspalt. Sie unterscheidet sich röntgenmorphologisch nicht von anderen Pleuraergüssen.

Beim immungeschwächten Patienten (HIV-Patient) gibt es demgegenüber weniger Verkäsung und Kavernen. Die frühen entzündlichen Reaktionen überwiegen und machen das Bild einer scheinbaren Primärtuberkulose.

Exsudation  

 
Nomenklatur der Primär- und Postprimärtuberkulose:

- exsudative Reaktion
ist die erste Krankheitsphase, nach ca. 4 Wochen: fleckig-wolkige, konfluierende persistierende azinäre Herde. Sie sind überwiegend in den Oberlappen gelegen. Die Infiltrate ändern im Gegensatz zu anderen Pneumonien ihre Gestalt nur schleppend im Verlauf von Wochen.
Bei HIV-Patienten sind die Herde untypisch auch basal angeordnet.

produktiver Herd  

- produktive Reaktion:
bei guter Abwehrlage beginnt nach 1-3 Wochen eine Durchsetzung der exsudativen Herde mit epitheloidzelligen Granulomen ("Tuberkel") die sich im Röntgenbild (linkes Oberfeld) zu 5-40mm großen gut abgrenzbaren Herden überlagern.

Ghon-Herd  

- Verkäsung: eine käsige Nekrose im Zentrum der epitheloidzelligen Granulomhaufen (Pfeil) tritt bei der Primärtuberkulose wegen der langsam einsetzenden Immunreaktion erst nach 2-10 Wochen auf. Das Präparat zeigt einen Primär-Komplex, d.h. einen peripheren Herd (Ghon-Herd) (Pfeil) mit zentraler Lymphknotenbeteiligung). Bei der Postprimärtuberkulose ist die Hyperergie bereits vorhanden und die Verkäsung tritt rasch ein.

Kaverne

 

bronchogene Streuung  

- Kavernenbildung:
Wenn der exsudative Herd einen größeren Bronchus einschließt, bekommt die folgende Nekrose Anschluß ans Bronchialsystem und wird ausgehustet. HIV-Patienten bilden weniger oft Kavernen aus. In diesem Stadium der massiven Bakterienvermehrung und -versprühung besteht Ansteckungsgefahr durch Tröpfcheninfektion.
Über großen Hohlräumen, die einen weiten Bronchialzugang haben, seien sie Tb-Kavernen, Abszesse oder Tumorzerfallshöhlen, kann manchmal amphorischen Atmen auskultiert werden

Komplikationen im Kavernenstadium sind:
- bronchogene Streuung mit diffusen kleinstreifigen und kleinfleckigen (>5mm) Infiltraten in anderen Lungenabschnitten.
- Aspergillusbesiedelung mit Aspergillomen
- massive Blutung ("Blutsturz") durch Anschluß einer Arterie (wie beim Bronchus) an die Kaverne.
- Durchbruch eines Herdes in den Pleuraraum: tuberkulöses Empyem.

Zirrhose  

 - zirrhotische, indurative bzw. fibrotische Umwandlung:
das exsudativ / produktiv veränderte Gewebe vernarbt und schrumpft "fibro-zirrhotisch". Dies führt zur Hilusraffung, zu Traktions-Bronchiektasen, Überblähung der Restlunge (Narbenemphysem), Gefäß- und Bronchusabknickungen.

- chronisch-destruktive Form
mit Schrumpfung, breiten Narbensträngen und zystischen Parenchymdefekten oder (Traktions-)Bronchiektasen.

 

 

 Wegen des Nebeneinander können die einzelnen Formen oft nur in Computertomographien differenziert werden .

.....und hier noch einige ungeliebte Eigennamen:

Ghon-Herd:

Herd bei Erstinfektion (ohne korrespondierenden Lymphknoten)

Ranke-Komplex:

Primärkomplex (Ghon-Komplex + Lymphknoten)

Simonscher Spitzenherd:

apikale Knötchen (evtl verkalkt) von hämatogener Aussaat nach Erstinfektion

Rasmussen-Aneurysma:

Pseudoaneurysma einer Lungenarterie durch Gefäßarrosion

Die Infektion schreitet fort (wird generalisiert):

- hämatogen-lymphogen (das ist oft schon unbemerkt bei der Primärtuberkulose erfolgt):
bevorzugt wieder in die Lunge, evtl. als Miliartuberkulose (siehe Bild oben, bis 5mm große Herde). Sie manifestiert sich aber auch als Meningitis tuberculosa (sehr kurzfristig innerhalb weniger Monate), Pleuritis exsudativa (siehe Bild oben, sehr kurzfristig innerhalb weniger Monate),

 

- in Knochen und Gelenken,

 

- in die Leber

 

- in die Halslymphknoten,

 

- in die mediastinalen Lymphknoten

- bronchogen: bei schlechter Abwehrlage

- per continuitatem: bei sehr schlechter Abwehrlage

Die Manifestation der Tuberkulose nach der Streuung in die verschiedenen Organen wird als Organstadium bezeichnet.

Kalkherd  

 

In einer tuberkulösen Narbe kann sich ein Bronchialkarzinom entwickeln (Narbenkarzinom):

  • Narbenkalk liegt wegen des schnellen Tumorwachstums dann exzentrisch im Herd;
  • "spezifische", d.h. tuberkulöse Verkalkungen liegen dagegen mehr in Herdmitte.

Blütenzweig  

 

 

Tb bei Immunschwäche

Verschiedene Krankheiten erhöhen das Risiko einer Erkrankung an Tb erheblich:

  • Silikose (ca. 3fach erhöhtes Risiko)
  • Nierenkrankheiten (ca. 30% erhöhtes Risiko bei Dialysepflicht)
  • Tumorleiden,
  • schlecht eingestellter Diabetes mellitus,
  • chronische Mangelernährung,
  • langdauernde Therapie mit Kortikoiden oder Immunsuppressiva und
  • HIV-Infektion.

Die Immunschwächung der AIDS-Patienten begünstigt eine Primärinfektion. HIV ist der größte Risikofaktor zur Aktivierung einer latenten Tb. In Afrika treten 1/3 aller Tuberkulosen in der Gruppe der HIV-Kranken auf. Die extrapulmonale Organtuberkulose ist hier ebenfalls häufiger (ca. 30%), meist als tuberkulöse Lymphadenitis oder als tuberkulöser Erguß.

Das typische radiologische Bild der Lunge dieser Patienten zeigt

  • Pleuraergüsse
  • Lymphknotenvergrößerungen (wie bei Primär-Tb)
  • atypisch in den Unterfeldern lokalisierte Infiltrate
  • persistierende oder fortschreitende Infiltrate
  • segmentüberschreitende Infiltrate
  • miliare Ausbreitung
  • Infiltrate ohne Kavernen. Kavernen sind selten.
  • keine produktive (knotige) Reaktion

Diese Patientengruppe biete auch bei Postprimärtuberkulose das Bild einer Primärtuberkulose.

 

Atypische Tuberkulosen

Atypische Tuberkulosen, z.B. MAI (Mycobacterium avium intracellulare Infektion) bzw. MAC (Mycobacterium avium Complex) finden sich gehäuft bei AIDS-Patienten und bei Patienten mit vorbestehenden Lungenkrankheiten, wie COPD, Bronchialkarzinom oder Bronchiektasen. Sehr oft liegen extrapulmonale Manifestation der atypischen Tuberkulose vor. Als primäre Eintrittspforte wird der Gastrointestinaltrakt diskutiert. Wahrscheinlich handelt es sich um Erstinfektionen. Extrapulmonale Lokalisationen der MAI sind:

- Lymphknotentuberkulose des Halses, des Mediastinums oder des Retroperitoneums,
- Tuberkulose in der Leber, Milz und in den Nieren,
- Tuberkulose des ZNS und der Wirbelsäule.

Atypische Tuberkulosen sind radiologisch meist nicht von einer üblichen Tb zu unterscheiden, es sei denn durch ihre mangelnde Reaktion auf die Therapie. Bei Erwachsenen ist die fehlende Rückbildung nach dreimonatiger Therapie ein Zeichen der Resistenz.

Folgende Röntgenzeichen sind vermehrt beobachtet worden:

  • produktives Stadium ändert sich nur sehr langsam
  • Kavernen sind seltener
  • Kavernenwände können sehr dünn sein
  • um die Kavernen geringe Umgebungsentzündung
  • verstärkte pleurale Reaktionen
  • bronchopleurale Fisteln
  • Bronchiektasen in häufiger in Mittellappen und Lingula
  • knötchenförmige Infiltrate haben ein Blütenzweig-Aussehen ("tree in bud")

Kaverne  

 

 

Krankheitsaktivität

Ein Tuberkulintest wird als positiv angesehen, wenn

bei Personen mit

- radiologischen Zeichen einer früheren Infektion
- Kontakt zu Kranken mit aktiver Tb oder
- HIV-Risiko oder -Infektion

die Reaktionszone größer als 5mm ist

Ein Tuberkulintest wird als positiv angesehen, wenn

bei Personen aus Risikogruppen, wie

- geboren und kürzlich aus Risikoländrn eingereist
- ethnische oder medizinische Risikogruppen
- soziale Risikogruppen (aus Gefängnissen, Heimen, Obdachlosenmilieu)

die Reaktionszone größer als 10mm ist.

Der positive Tuberkulintest ist ein Zeichen der Infektion. Er läßt folgende Möglichkeiten offen:

a) Patient ist infiziert aber nicht krank
b) Patient ist infiziert und die Tb ist klinisch manifest
c) Patient ist infiziert aber die Tb ist klinisch nicht manifest

Radiologisch ist die Tb-Manifestation (Aktivität, Möglichkeiten b) und c)) nur durch den Verlauf zu unterscheiden. Selbst bei stabilem Verlauf sollte nur von einer "radiologischen Stabilität" gesprochen werden.

Eine aktive Tuberkulose ist eine fortschreitende oder in Rückbildung begriffene Tb. Inaktiv ist sie, wenn die radiologischen, laborchemischen und bakteriologischen Parameter nach der Rückbildung mindestens für 6 Monate stationär geblieben sind. Die Krankheitsaktivität kann also nicht allein aus dem Röntgenbild beurteilt werden.

Radiologische Zeichen der Krankheitsaktivität (Beweisend ist aber nur der Bakteriennachweis):

  • Weiche, wolkige, fleckige Verschattungen mit unscharfen Rändern (siehe Bild am Kapitelanfang),
  • in der Verlaufsbilderserie zunehmende Verschattungen,
  • Kavernen, insbesonders mit Flüssigkeitsspiegel.

 

 

 

Exsudation  

 

Zeichen der Heilung sind im Röntgenbild:

  • zunehmende Abgrenzbarkeit der Exsudationen (produktive Umwandlung),
  • Verkleinerung von Kavernen und
  • narbige Schrumpfung der Infiltrate.

Die Reaktion des Körpers auf die Antituberkulöse Therapie wird am sichersten durch wiederholte Sputum-Untersuchung (Ausstrich und Kultur) geprüft.

Vorsichtsmaßnahmen beim Umgang mit Tuberkulosekranken:

Die größte Infektionsgefahr geht von den feinsten Tröpfchen aus die der Patient mit offener Tuberkulose beim Husten und Sprechen versprüht und die bis in die Alveolen gelangen.
Die -möglicherweise- infektiöse Tbc ("offene Tb") erfordert einige Vorsichtsmaßnahmen:

- Unterbringung im Einzelzimmer oder Zusammenlegung der infektiösen Patienten bis 4 Wochen nach Therapiebeginn (es müssen 2 mikroskopisch in Folge negative Sputumproben im Abstand von 14 Tagen vorhanden sein).

- regelmäßiges Lüften der Krankenzimmer.

- Zimmer mit Klimaanlagen müssen mit Unterdruck gefahren werden. Die Anlage muß mit Schwebstofffilter ausgerüstet sein.

Ein Mundschutz für den Patienten mit offener Tb wird oft empfohlen, von einigen Zentren aber als unwirksam angesehen.
Untersuchungsräume, in denen sich Patienten mit offener Tuberkulose aufgehalten haben, werden gut gelüftet, um die Aerosoldichte zu vermindern und die Aerosole (durch Abkühlung) absinken zu lassen. Dies, und eine lückenlose langdauernde Medikamenteneinnahme über ca. 6 Monate, sind die wichtigsten Infektionsschutzmaßnahmen. Andere Desinfektionsmaßnahmen, wie Sprühdesinfektion oder Wischdesinfektion, haben keine Vorteile.

Wenn Patienten keinen Mundschutz tragen können, müssen die Beschäftigten einen Mundschutz tragen.

Für Besucher ("so wenige wie möglich, aber soviele wie nötig") werden meist Kittel und Mundschutz angeordnet

Krankenhausmitarbeiter müssen grundsätzlich über ihren Umgang mit infektiösen Patienten unterrichtet werden.

Therapeutische oder diagnostische Maßnahmen sollen grundsätzlich an das Ende eines Arbeitstages gesetzt werden. Wenn der Patient den Raum verlassen hat, gründlich lüften oder (wenn nicht gelüftet werden kann) 2-3 Stunden leer stehen lassen.

Eine Flächen-Wischdesinfektion ist nur nötig bei Kontamination mit Körperflüssigkeiten.

Eine BCG-Impfung der Beschäftigten, die mit Tuberkulosekranken umgehen, wird meist nicht mehr durchgeführt. Die Impfung ist unsicher (nur zu 50% effektiv) und die Immunisation bleibt nur ca. 8-10 Jahre bestehen. Ist bei einer geimpften Person der Kutan-Stempel-Test positiv, so kann

- ein Impfschutz vorliegen

- der Impfschutz vergangen sein und eine Infektion stattgehabt haben.

Dies führt also eher zur Verunsicherung denn zu einer sichereren Überwachung. Wichtiger sind regelmäßige betriebsärztliche Untersuchungen.



Literatur:

Wallis, R.S., J.L.Johnson: Adult tuberculosis in the 21st century: pathogenesis, clinical features, and management. Curr Opin Pulm Med 7(2001) 124-32

 

 



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(ist etwas mühselig abzutippen, aber gut gegen Spams) (keine Patientenberatung)



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2.10.08