Die Lunge
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Fibrosierende Lungenparenchymkrankheiten

 

 

 
2. Teil des Kapitels "fibrosierende Lungenparenchymkrankheiten"

6. Pneumokoniosen

6.1. Silikose und Mischstaubsilikose

6.2. Berylliose

6.3. Asbestose

ILO-Staublungenklassifikation



Stichwortverzeichnis:

A

B

C

D

E

F

G

H

I

J

K

L

M

N

O

P

Q

R

S

T

U

V

W

X

Y

Z

Silikose

 

Silikose-
Konglomerate

 

 

Siliko-
Tuberkulose

 

 

6. Pneumokoniosen

Pneumokoniosen sind Lungenerkrankungen, die durch Inhalation von Stäuben mit anschließender Ablagerung in der Lunge und nachfolgender Gewebereaktion hervorgerufen werden. Organische Stäube (meist Pilz- oder Vogelkotbestandteile) lösen eine allergische Alveolitis aus.

Bei siliziumhaltigen Stäuben ist die Gewebereaktion progredient auch nach Beendigung der Belastung, weil das schädigende Agens einen erfolglosen Eliminationsversuch durch Makrophagen auslöst und weiter unterhält, der schließlich in einer Fibrose endet. Hierunter fallen:

- reine Silikose: Quarzstaub in Sandstein und Granit
- Mischstaubsilikose: Quarzstaub mit anderem, z.B. Kohlestaub: Anthrasilikose, oder mit inerten Eisenoxiden: Sidero-Silikose
- Silikatosen: Stäube aus Salzen der Kieselsäure wie Asbestose und Talkose

Erst im Spätstadium der Erkrankung treten aufgrund der Fibrose trockener Reizhusten, Belastungs- und Ruhedyspnoe auf.

Die meisten progredienten Pneumokoniosen durch siliziumhaltige Stäube oder Pneumokoniosen durch organische Stäube sind meldepflichtige Berufskrankheiten und rechtlich Arbeitsunfällen gleichgestellt.
Grundlage zur Anerkennung sind bei anorganischen Stäuben Berufsanamnese, typisches Röntgenbild und Funktionsausfälle.

Zur quantitativen Erfassung der röntgenmorphologischen Veränderungen wurde von der International Labor Organisation (ILO) ein Befundungsschema festgelegt, in dem an Hand von Standardvergleichsfilmen die Größe, Zahl und Lage runder und unregelmäßiger Verschattungen, Pleuraplaques und -verkalkungen und anderer Veränderungen in einer p.a. (nur p.a.!) Thoraxübersichtsaufnahme erfaßt wird. Trotz von der ILO gelieferten Vergleichsfilmen besteht noch ein gewisses Maß an Subjektivität. Die Computertomographie ist demgegenüber wesentlich empfindlicher und objektiver.

 

6.1 Silikose und Mischstaubsilikose

Betroffen sind Bergarbeiter, Steinmetze und mit Sandstrahler oder mit Schleifmitteln Arbeitende. Die Erkrankung tritt entweder kurzfristig bei sehr hoher Staubbelastung oder nach 10-20 Jahren auf. Die Typisierung der Silikose nach knotigen, retikulären, Eierschalen- und Konglomeratmustern wird zugunsten der ILO-Klassifikation aufgegeben. Oft bestehen zunächst keine Symptome. Mit fortschreitender Krankheit treten jedoch Luftnot, pulmonale Hypertonie und Cor pulmonale auf, in der Lungenfunktion restriktive Ventilationsstörungen.

Röntgenologische Zeichen im Thoraxübersichtsbild:
  • feines retikuläres Muster (irreguläre Schatten der ILO-Klassifikation)
  • scharf markierte disseminierte Knötchen in den Ober- und Mittel feldern
  • oft typische zentrale Verkalkungen Verschmelzung zu irregulären Konglomeraten von 1cm bis zu Lappengröße in den Mittelfeldern
  • Höhlenbildung in Konglomeratknoten möglich
  • kompensatorisches Emphysem mit Überblähung und Bullae neben den Konglomeraten durch Schrumpfung derselben
  • Hiluslymphknoten vergrößert mit typischer peripherer eierschalenartiger Verkalkung (seltener auch bei Sarkoidose)
  • oft tuberkulöse Superinfektion

Siderose

 

 

Die Siderose entsteht durch berufsbedingte Inhalation von inerten Eisenoxiden oder anderen Eisenverbindungen, zB. bei Schweißern, Schmelzern oder Polierern. Die Eisenverbindung wird in den Bronchiolen und Alveolen abgelagert und auf Lymphwegen abtransportiert. Im Gegensatz zu den übrigen Staublungenkrankheiten verursacht sie keine Fibrose (und gehört deshalb eigentlich nicht in dieses Kapitel), es sei denn es hätte eine Mischstaubexposition vorgelegen.

Röntgenologische Zeichen im Thoraxübersichtsbild:
  • retikuläres bis noduläres Muster. Es kann sich nach Expositionsbeendigung zurückbilden!
  • noduläre Muster. DD: Silikose, Anthrakose (Kohlestaublunge) keine Fibrose, keine Lymphknotenvergrößerungen (es sei denn, es liegt eine Kombination verschiedener Inhalationsnoxen (Mischstaubsilikose: Sidero-Silikose) vor.

  Berylliose

 

 

6.2. Berylliose

Chronisch-granulomatöse Berufskrankheit bei Berylliumexposition in der Fabrikation von Leuchtstoffröhren, Nuklearwaffen oder in der Keramikindustrie. Kann in frühen Stadien durch spezifischen Bluttest nachgewiesen werden. Latenzzeit 5-15 Jahre. Das Lungenbild ist nicht von dem einer Sarkoidose zu trennen.

Röntgenologische Zeichen im CT:
  • von Sarkoidose nicht unterscheidbar
  • Knötchen
  • verdickte interlobuläre Septen
  • verdickte Bronchuswände
  • Milchglastrübung
  • mediastinale und hiläre Lymphknotenvergrößerung

scheinbare Pleuraverdickung

Pleuraplaques

Plaques
und Fibrose

Fibrose

pleuraparallele Verdichtung

Krähenfüße

Asbestfibrose

 

Asbestose und Bronchialkarzinom

 

Pleuramesotheliom

 

Pleurameso-
theliom Verlauf
 

 

6.3. Asbestose

Als feuerfestes Material wurde Asbest bis in die siebziger Jahre universell eingesetzt im Flugzeug- und Schiffbau, als Baumaterial (Eternit®), für Bremsbeläge und in Haushaltsgeräten. Die Gefahrenquellen bezüglich der Inhalation von Asbeststaub sind vielfältig. Die Latenzzeit der Erkrankung beträgt 20-40 Jahre. Die Wahrscheinlichkeit der Erkrankung ist proportional der eingeatmeten Faserkonzentration und der Expositionsdauer (Faserjahre). Von den verschiedenen Faserarten des Asbests sind der schwarze oder blaue Asbest aus Afrika am stärksten pathogen.

In 10-20% entwickeln sich, abhängig auch vom Tabakkonsum, ein Bronchialkarzinom oder ein Mesotheliom. Beide Tumoren sind im Zusammenhang mit einer Asbestose als Berufskrankheit anerkannt. Nach weitgehender Elimination aus der Industrie wird die Asbestose und ihre Folgekrankheiten bis um das Jahr 2020 weiter ansteigen. Auch Familienangehörige asbestexponierter Personen können Asbestfasern, zB. aus der Berufskleidung, inhalieren und an Asbestose und deren Folgen erkranken. Die Diagnose und Anerkennung als Berufskrankheit erfolgt anhand der Berufsanamnese, der eingeschränkten Lungenfunktion und des Röntgenbildes.

Bei dem Versuch, die inhalierten Asbestnadeln zu phagozytieren, gehen die Makrophagen zugrunde und induzieren eine Fibrose. Die Nadeln durchwandern die Alveolarwand bis zur Pleura, wo sie charakteristische tafelbergartige Pleuraplaques und diffuse Pleuraverdickungen verursachen. Auf den Pleuraveränderungen bilden sich typische stippchen- und plattenförmige Verkalkungen.

Dyspnoe und restriktive Ventilationsstörung setzen nach der Latenzzeit mit beginnender Fibrose ein.

Röntgenzeichen im Thoraxübersichtsbild:
  • kleine Winkelergüsse als Frühzeichen
  • kleine irreguläre Fleckschatten (bei Silikose rund!), beginnend an den Lungenbasen, nach kranial fortschreitend
  • selten massive Fibrose (im Gegensatz zur Silikose),
  • Kugelatelektase, "Asbestpseudotumor",
  • tafelbergartige Pleuraplaques (nur ein Teil ist auf der Thoraxaufnahme sichtbar, ab 3mm Dicke!),
  • flächige, diffuse Pleuraverdickungen (auch hier sind nur die tangential vom Röntgenstrahl getroffenen an der lateralen Thoraxwand gelegenen Verdickungen gut sichtbar),
  • verwaschene Herz- bzw. Pleurakonturen durch pleuroparenchymatöse Fibrose,
  • verdickte Septen,
  • Kalkdichte Linien (auf Pleuraverdickung) parallel zur Zwerchfellkontur oder Thoraxwand. Kalkplaques sind typisch, kommen aber auch vor nach Talkuminhalation, Hämatothorax, Empyem oder therapeutischem Pneumothorax wegen TB.

Zeichen in der hochauflösenden Computertomographie (sensibelste Methode):
  • mikronoduläre Verdichtungen,
  • pleuraparallele ("kurvilineare") Verdichtungen: feinporige subpleurale Verdichtung mit zipfelige Verbindungen zu den peripheren Gefäßverzweigungen DD: orthostatische Atelektasen,
  • verdickte bronchovaskuläre Strukturen,
  • senkrecht zur Pleura oder arkadenförmig auf der Pleura stehende Bänder (fibrosierte periphere Gefäße),
  • Parenchymbänder ohne Relation zu den sich baumartig aufzweigenden bronchovaskulären Strukturen,
  • retikuläre Verdichtungen,
  • periphere und basale Verteilung,
  • verdickte Septen,
  • Kugelatelektase (Parenchymstrukturen sind kometenschweifartig auf die Kugelatelektase gerichtet),
  • "Krähenfüße": sternförmiges Zusammenlaufen von Narbenbändern zu einen Punkt der Pleura,
  • in weit fortgeschrittenen Fällen evtl. Wabenmuster als Zeichen einer fibrotisch zerstörten Lunge,
  • Pleuraplaques (tafelbergartig) und diffuse Pleuraverdickungen ab 1mm Dicke,
  • stippchenförmige und flächige Verkalkungen auf Pleuraveränderungen.

 

 

 

 ILO-Klassifikation der Pneumokoniosen

Die Erfahrung hatte in den vergangenen Jahrzehnten gezeigt, daß Fibrosen bei Staublungenkrankheiten mit charakteristischen kleinen rundlichen als auch irregulären Fleckschatten einhergingen. Man hat deshalb versucht, anhand dieser Fleckschatten zu einer Standartisierung der Befunde zu gelangen.

Kleine runde und unregelmäßige Fleckschatten werden als Zeichen einer Fibrose gewertet.

Die rundlichen und irregulären Fleckschatten werden in 3 Größen (p, q und r bzw. s, t und u) und 12 Häufigkeitsgruppen eingeteilt, von 0/0 , 0/1, 1/1, usw. bis 3/3.

Für diese Einordnung werden Vergleichsfilme herangezogen, die von der ILO (International Labor Organisation) in Genf bezogen werden können. Aus diesen Vergleichsfilmen sind hier Ausschnitte gezeigt, nicht als Arbeitsmittel, sondern um die erhebliche Subjektivität der Beurteilung zu demonstrieren.

Der Altmeister der deutschen Pneumokoniose-Forschung, Prof. Bohlig, riet einmal, sich selbst eine Standartfilmsammlung zu schaffen. Dies charakterisiert sehr eindringlich den subjektiven Charakter der Klassifikation.

Solange nichts Besseres vorliegt, muß dieses Schema für gutachterliche Stellungnahmen verwendet werden. Grenzbefunde werden zunehmend computertomographisch erfaßt.

Form und Größe von Fleckschatten

Verteilungsmuster rundlicher Fleckschatten

Verteilungsmuster unregelmäßiger Fleckschatten

ILO-2000-Klassifikationsschema Printversion

Zusatzbefunde in der Thoraxübersichtsaufnahme werden in einer Liste von Kürzeln erfaßt:

ILO 2000: ZUSATZBEFUNDE

Kürzel:

Definitionen:

Kürzel:

Definitionen:

aa

Aortensklerose

es

Eierschalenverkalkungen hilärer oder mediastinaler LK

at

Pleurakuppenschwielen

fr

Rippenfrakturen

ax

konfluierende kleine Schatten

hi

Vergrößerung hilärer oder mediastinaler LK

bu

Bulla(e)

ho

Honigwabenlunge

ca

maligne Raumforderung

id

Zwerchfellunschärfe

cg

verkalkter nicht-pneumokoniotischer Knoten

ih

unscharfe Herzkontur

cn

verkalkte kleine Schatten

kl

Septum (Kerley-)Linien

co

pathologische Herzgröße oder -form

od

andere Befunde von Bedeutung

cp

cor pulmonale

pi

Pleuraverdickung in Interlobärspalt oder Mediastinum

cv

Kaverne

px

Pneumothorax

di

Verziehung

rp

rheumatoide Pneumokoniose

ef

Pleuraerguß

tb

Tuberkulose

em

Emphysem




 

 

 

 

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mediastinale Krankheiten (keep on truckin: weiter zum nächsten Kapitel)
chronisch-obstruktive Lungenkrankheiten (vorheriges Kapitel )
 
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20.6.08